Menu
menu

Kooperation von Landeszentrale und Stiftung

Die Landeszentrale für politische Bildung (LpB) und die Stiftung Gedenkstätten (StGS) sind - mit unterschiedlichem Auftrag - beide im Bereich der Stärkung demokratischen Bewusstseins tätig. Innerhalb der LpB hat die nunmehr auch für die Umsetzung des Landesprogramms zuständige Geschäftsstelle des Netzwerks für Demokratie und Toleranz eine seit Jahren entwickelte Schlüsselfunktion in der Vernetzung und Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Bekämpfung von Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Die Gedenkstätten zur NS-Gewaltherrschaft klären über den historischen Nationalsozialismus ebenso wie über die SED-Diktatur und damit auch über latente Gefährdungen des modernen demokratischen Staates auf.

Die Kooperation beider Einrichtungen ist deutlich ausbaufähig. Die Landeszentrale ist zwar im Stiftungsrat vertreten, eine institutionalisierte Vernetzung von LpB und StGS existiert darüber hinaus jedoch nicht. Projektbezogene Zusammenarbeit bei Veranstaltungen, Ausstellungen und dergleichen ist häufig, der weit überwiegende Schwerpunkt liegt dabei allerdings auf der Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Kooperation zwischen dem Netzwerk für Demokratie und Toleranz und der Gedenkstättenstiftung. So ist die Stiftung offizieller Kooperationspartner des Schulnetzwerks „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" und beteiligt sich in diesem Zusammenhang regelmäßig an Projekten wie dem jährlich stattfindenden Landestag.

Die Stiftung Gedenkstätten hat in den wenigen Jahren ihres Bestehens einen Schwerpunkt auf die notwendigen Investitionen zum Erhalt der historischen Orte gelegt. Diese Schwerpunktsetzung war und ist richtig, weil einerseits erhebliche Defizite der letzten Jahrzehnte aufzuarbeiten sind (v. a. an der Lichtenburg) und weil andererseits der Erhalt der historischen Orte und die Weiterentwicklung der Gedenkstätten durch neue Dauerausstellungen, durch verbesserte Zugänglichkeit und durch die würdige Gestaltung von Grab- und Erinnerungsstätten notwendige Voraussetzungen auch für erfolgreiche pädagogische Arbeit sind.

Nachdem im Bereich der Investitionen „große Brocken" abgearbeitet werden konnten, stellen sich jetzt neue Aufgabenschwerpunkte. Die Stiftung erarbeitet derzeit erstmals ein übergreifendes pädagogisches Konzept. Mit der Einsetzung von Koordinatoren jeweils für die Zeit vor und nach 1945 war bereits zuvor der erste Schritt getan worden, um eine gemeinsame pädagogische Zielstellung für die Gedenkstätten herauszuarbeiten. Der Stiftungsdirektor hat in der Stiftungsratssitzung am 14. Juli 2011 angekündigt, 2012 nach dem „Jahr der Baumaßnahmen" (2010) und dem „Jahr der Dauerausstellungen" (2011) zum „Jahr der Pädagogik" zu machen.

Kooperation, keine Integration

Die Kooperationsmöglichkeiten von LpB und StGS finden ihre Grenzen in den unterschiedlichen Rechtsformen und den dem zugrunde liegenden unterschiedlichen Auftrag der beiden Institutionen. Die Landeszentrale ist eine obere Landesbehörde, die - im unmittelbaren Auftrag der Landesregierung und über sein Kuratorium vernetzt mit den Fraktionen des Landtages - eine große Bandbreite politischer, auch tagespolitischer Fragen bearbeitet. Sie unterliegt der Dienst- und Fachaufsicht des Ministeriums. Die Gedenkstätten des Landes wurden dagegen vom Gesetzgeber bewusst aus der unmittelbaren Landesverwaltung ausgegliedert und als selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts organisiert, das Ministerium führt lediglich die Rechtsaufsicht. Mit dieser Entscheidung für ein vergleichsweise „staatsfernes Organisationsmodell reagierten Landesregierung und Landtag auch auf Kritik aus den Reihen der Opferverbände und aus anderen Ländern an einer zu großen „Staatsnähe" der Gedenkstättenarbeit in Sachsen-Anhalt.

Die Aufgabe der nächsten Jahre ist deshalb, die Möglichkeiten intensiver inhaltlicher und - wo machbar - auch organisatorischer Kooperation auszubauen und damit nicht zuletzt auch zu einem wirtschaftlichen Ressourceneinsatz beizutragen.

Ziel: eine Rahmenvereinbarung von Landeszentrale und Stiftung

Grundsätze, Ziele und Verfahren der Zusammenarbeit sollten in einer Rahmenvereinbarung der Landeszentrale für politische Bildung und der Stiftung Gedenkstätten niedergelegt werden, die verschiedene mögliche Kooperationsfelder umfasst:

  • Die Projektkooperation von LpB und StGS sollte inhaltlich im Bereich NS-Diktatur und zeitgenössischer Rechtsextremismus/Rassismus ausgebaut werden. Das Ziel einer verstärkten Kooperation in diesem Bereich sollte deshalb auch in die zu erarbeitende pädagogische Konzeption für die NS-Gedenkstätten einfließen.
  • Über den Rundbrief „Erinnern!" hinaus ist die Publikationstätigkeit der Stiftung Gedenkstätten fachlich ausgewiesen, hat aber weitere große Potentiale. Durch eine koordinierte gemeinsame Arbeit könnten insbesondere Know How, Ressourcen und Vertriebswege der Landeszentrale genutzt werden, um mit Publikationen über Themen der Aufarbeitung der jüngeren Geschichte und der Gedenkstättenarbeit eine breitere Resonanz zu erreichen.
  • Mit einer punktuell abgestimmten Öffentlichkeitsarbeit können wesentliche Zielgruppen beider Institutionen gemeinsam besser erreicht werden. Gerade durch die gezielte Bewerbung von Veranstaltungen können Kapazitäten wesentlich besser genutzt und die Defizite der Stiftung in diesem Bereich perspektivisch überwunden werden.
  • Im Rahmen einer institutionalisierten Zusammenarbeit von Landeszentrale und Stiftung könnten Gedenkstätten verstärkt auch für Veranstaltungen ohne engeren Bezug zum jeweiligen historischen Ort genutzt werden - als Lernorte im erweiterten Sinn.
  • Gedenkstätten eignen sich besonders für Veranstaltungen, die der länderübergreifenden oder internationalen Jugendbegegnung dienen. Die notwendigen Voraussetzungen für die Entwicklung solcher Veranstaltungsangebote müssen in Kooperation mit den Trägern der außerschulischen Jugendbildung geschaffen werden.

Kooperation mit Schulen

Arbeitsbeziehungen zwischen Schulen und Gedenkstätten beruhen bislang auf der Initiative und dem Engagement von Einzelpersonen. Das erfolgreiche Projekt „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" in der Verantwortung der LpB ist für am Thema interessierte Schulen der einzige übergreifende Zugang zur Gedenkstättenstiftung.
 
Die Landesregierung verfolgt das Ziel, dass alle Schulen im Land die pädagogischen Angebote der Gedenkstätten nutzen. Sie unterstützt insbesondere den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen Schulen und Gedenkstätten.

Mittlerweile verfügen alle Gedenkstätten über moderne Dauerausstellungen, die an aktuelle Konzepte der Geschichtsdidaktik und Gedenkstättenpädagogik angepasst sind; Projekttage orientieren sich an den Anforderungen der Rahmenrichtlinien nach der Stärkung historischer und narrativer Kompetenzen:

  • Die neue Dauerausstellung der Gedenkstätte Lichtenburg ist modernen pädagogischen Anforderungen angepasst. Die diesjährige Gedenkveranstaltung zum Holocaustgedenktag wurde gemeinsam mit dem Gymnasium Jessen durchgeführt.
  • In der Gedenkstätte Bernburg arbeiten die Schüler, begleitet von den Gedenkstättenmitarbeiterinnen und Gedenkstättenmitarbeitern, bei Besuchen grundsätzlich selbständig und gemäß der modernen Museumspädagogik stark mit Bildquellen. Es gibt besondere Angebote für Menschen mit Lernschwierigkeiten und Schulen für Lernbehinderte.
  • Die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge führt während der jährlichen „Tage der Begegnung" Zeitzeugengespräche mit Überlebenden oder deren Nachkommen durch.
  • Die Gedenkstätte „Roter Ochse" Halle bietet ein umfangreiches Zeitzeugenprogramm an, zum Beispiel mit Überlebenden sowjetischer Lager. Projekttage für Schulklassen zur NS-Geschichte beschäftigen sich unter anderem mit den Themen Zwangsarbeit und NS-Justiz.
  • Die von Schulen gut angenommene Ausstellung „Karl Plagge - ein Gerechter unter den Völkern" wurde von den Gedenkstätten Bernburg und Roter Ochse in Kooperation mit dem AJZ Dessau und dem Förderverein Gedenkstätte und Schloss Lichtenburg erarbeitet und präsentiert.
  • Die neue Dauerausstellung in der Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg verfügt über multimediale Zeitzeugenstationen und ein modernes Angebot an Zeitzeugengesprächen im Rahmen der Projektarbeit und des mit der VOS gemeinsam durchgeführten Zeitzeugencafes.
  • In der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn wird jährlich das Seminar „Unrechtssysteme" mit Schülern aus Gernrode und Walsrode durchgeführt, in dem historisch-politische Bildung, Zeitzeugenarbeit und künstlerische Präsentation verbunden werden. Am 30. Juni 2011 wurde für Schülerinnen und Schüler aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in der Gedenkstätte „Deutsche Teilung Marienborn" ein gemeinsamer Schülerprojekttag „50 Jahre Mauerbau" mit dem Untertitel „Fluchtschicksale" angeboten, der von Schulen aus beiden Ländern mit sehr positiver Resonanz angenommen wurde. Für 2012 ist ein weiterer Projekttag vorgesehen.
  • In der Landeszentrale für politische Bildung werden Maßnahmen Freier Träger der Erwachsenenbildung zur Stärkung der Demokratie gefördert. Dazu zählen Tagungen und Veranstaltungen ebenso wie Informations- und Studienfahrten. Die Projekte weisen eine große Themenvielfalt aus, die alle Schwerpunkte des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit berührt.
  • Ein wichtiger Schwerpunkt der eigenen Projekte der Landeszentrale für politische Bildung sind Fortbildungsmaßnahmen zu den Themen Demokratie und Prävention von Rechtsextremismus sowie Projekte der historisch-politischen Bildung.